Eine Schule als Lebensraum Auf einem bestehenden Schulcampus in Frankfurt errichteten a+r Architekten für die Henri-Dunant-Grundschule einen Neubau, der über seine klassischen Funktionen hinaus attraktive Räume für außerschulische Lern- und Freizeitaktivitäten bietet. Anstelle von zwei maroden Schulgebäuden ließ das Frankfurter Amt für Bau und Immobilien auf dem gemeinsamen Campus der Edith-Stein-Realschule und Henri-Dunant-Grundschule für letztere einen Neubau errichten, der die Funktionen und das Angebot der früheren Gebäude erweitert und gleichzeitig im Rahmen einer großen Sanierungs- und Investitionsoffensive die Schullandschaft im Westen der Stadt bereichert. Neben dem Raumprogramm für eine vierzügige Grundschule und zwei zusätzliche Klassen für Vorschule und Integration wurde auch dem Raumbedarf für außerunterrichtliche Lern- und Freizeitaktivitäten Rechnung getragen. Gleichzeitig vermittelt das Gebäude eine hohe Aufenthaltsqualität durch moderne Innenräume, neu gefasste Pausenflächen und eine naturnah gestaltete, parkartige Umgebung. „Schule als Lebensraum“ – so lautete das Leitmotiv für die Bauaufgabe, die sich dem Team von a+r Architekten aus Stuttgart und Tübingen stellte. Auf einem bestehenden Schulcampus im westlich gelegenen Frankfurter Stadtteil Sossenheim verortet, bildet der Neubau gemeinsam mit den vorhandenen Gebäuden einer Realschule, einer Sporthalle und einer Mensa ein neu definiertes Ensemble. Dabei sollte der Schulneubau durch seine städtebauliche Positionierung sowohl mit dem Bestand harmonieren als auch neue, qualitätsvolle Freiräume generieren. Raffinierte Positionierung und Aufwertung des umliegenden Außenraums „Grundidee war es, das Gebäude an eine bestehende Hangkante zu stellen und die Topografie auszunutzen,“ erklärt der leitende Architekt Steffen Poschik von a+r Architekten. Die besondere Positionierung des doppelt abgewinkelten, langgezogenen Baukörpers auf dem Campus schafft neue Außenraumsituationen. An der Westseite umschließt die Grundschule nun gemeinsam mit der Sporthalle und Mensa den „städtischen Pausenhof“, der mit Baumbepflanzung, Sitzgruppen und Straßenmarkierungen für die Verkehrserziehung ausgestattet ist. Von hier aus wird das zur Westseite hin zweigeschossige Grundschulgebäude zentral erschlossen. Nach Osten hingegen ist aufgrund der Hanglage ein weiteres Gartengeschoss eingefügt, das sich zu einem parkartigen Freigelände mit üppiger Bepflanzung sowie integrierten Sport- und Spielgeräten öffnet. An dieser Stelle gewährleistet eine lange Rampenanlage die barrierefreie Erschließung, die über das gesamte Gelände gegeben ist. Klare Gliederung mit zahlreichen Funktionen Das Gartengeschoss nimmt insbesondere die Räume für die Ganztags- beziehungsweise Nachmittagsbetreuung auf und beherbergt zusätzlich die Technikräume. In den ähnlich gegliederten Erd- und Obergeschossen verteilen sich die nach modernen pädagogischen Ansätzen konzipierten Lernhäuser mit je zwei Schulclustern. Ein Cluster umfasst dabei vier Klassenzimmer und zwei Profilräume, die sich jeweils um eine gemeinsame Mittelzone, das sogenannte Wohnzimmer bzw. den Spielflur gruppieren und die über verglaste Wandflächen jederzeit in Sichtbezug zu den gemeinschaftlich nutzbaren Bereichen stehen. Das Architektenteam legte zudem Wert auf die Integration eines zentralen, offenen Foyers am Haupteingang, das zwar offiziell als Verkehrs- und Erschließungsfläche zwischen den beiden Schulgeschossen fungiert, situativ jedoch zu einem Versammlungsort verwandelt werden und die aufgrund des vorgegebenen Raumprogramms fehlende Aula kompensieren kann. Im Erdgeschoss finden zusätzlich noch die Schulverwaltung, Multifunktionsräume und Bereiche für Sonderklassen Platz. Im ersten Obergeschoss ergänzt eine Bibliothek das Raumprogramm. Farbenfrohes Außenbild, bunt bespielbare Innenkulisse Der nutzergerechte Gestaltungsansatz spiegelt sich auch in der Materialwahl und Ausstattung des Schulgebäudes wider. Außen dominiert das Farbspiel der klinkerbekleideten Wandflächen und roten Fassadenpaneele zwischen Holz-Alu-Fenstern, die als lange Bänder die Schauseiten horizontal gliedern. Das zentrale, zweigeschossige Foyer ist bis zur Gartenseite durchgesteckt und mündet in einer großzügigen Verglasung samt einem Brise Soleil aus Weißbeton-Fertigteilen. Im Inneren präsentiert sich das Gebäude als bunt bespielbare, neutrale Kulisse in Sichtbeton und Eichenholz. Dabei lädt unter anderem die breite Treppe im Foyer samt holzbekleideter Sitzstufen sowie die großzügigen Mittelzonen der Lerncluster zum vielfältig gestaltbaren Aufenthalt ein.  Langlebigkeit und hoher technischer Standard Bei der Wahl der Materialien legten die Architekten insbesondere auf langlebige und strapazierfähige Eigenschaften im Sinne einer nachhaltigen Gebäudenutzung Wert. Bauteile sind weitgehend gefügt und nicht verklebt, um die Möglichkeit einer Rückbau- und Wiederverwendbarkeit zu gewährleisten. Die Ausführung der Gebäudehülle und der Energieverbrauch der eingesetzten Gebäudetechnik für Lüftung und Beleuchtung entsprechen dem Passivhaus-Standard. Aus Gründen der Effizienz und vorhandenen Kapazitäten erfolgte ein Anschluss der Schule an die bestehende Heizzentrale auf dem Schulcampus. Tagsüber sorgt eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung für die nötige Frischluftzufuhr, während nachts bei Bedarf eine natürliche Belüftung über Nachtlüftungsklappen erfolgen kann, um die thermischen Speichermassen zu entwärmen. Das Dach ist vollflächig begrünt und mit einer Photovoltaik-Anlage zur Stromgewinnung ausgestattet. Daten + Fakten Projekt: Henri-Dunant-Schule Standort: Schaumburger Str. 66. 65936 Frankfurt am Main, Stadtteil Sossenheim Bauherr: Stadt Frankfurt am Main, Amt für Bau und Immobilien Architektur: a+r Architekten GmbH Stuttgart, www.aplusr.de Nutzungsfläche (NUF): 3.002 m² Netto-Raumfläche (NRF): 5.110 m² BGF: 5.620 m² BRI: 24.656 m³ Fertigstellung: 05.2021 Fotos: Marcus Ebener Stuttgart, im März 2023 Abdruck honorarfrei / Beleg erbeten Journalistenkontakt Rainer Häupl bering*kopal GbR, Büro für Kommunikation t +49(0)711 7451759-16 rainer.haeupl@bering-kopal.de www.bering-kopal.de Architektenkontakt a+r Architekten GmbH Rotebühlstraße 89/2 D 70178 Stuttgart t +49(0)711 722355-31 f +49(0)711 722355-22 pr@aplusr.de www.aplusr.de 1 Zum weitläufigen Schulcampus hin umklammert der Grundschul-Neubau der Henri-Dunant-Schule den neu gefassten Pausenhof L-förmig. Foto: Marcus Ebener 2 Warme Farben und beständige Materialien kleiden das insgesamt dreigeschossige Schulgebäude an der Schaumburger Straße in Frankfurt am Main. Foto: Marcus Ebener 3 Zahlreiche Gestaltungsdetails vermitteln ein lebendiges Fassadenbild zu beiden Längsseiten des Gebäudes. Foto: Marcus Ebener 4 Das großzügige Foyer dient einerseits der Erschließung, dem alltäglichen Aufenthalt oder aber als Auditorium für besondere Versammlungen oder Veranstaltungen. Foto: Marcus Ebener 5 Die breite Treppe im Foyer samt holzbekleideter Sitzstufen lädt zum vielfältig gestaltbaren Aufenthalt ein. Foto: Marcus Ebener 6 Innerhalb der Lerncluster bilden offene Mittelzonen, die sogenannten Wohnzimmer, gemeinsam nutzbare Flächen für Begegnung, Spiel oder Lernaktivitäten. Foto: Marcus Ebener 7 Eine dezente Farbwahl und puristische Materialien sorgen für eine neutrale Umgebung für die Kinder. Foto: Marcus Ebener 8 Grundriss Erdgeschoss Henri-Dunant-Schule, Zeichnung: a+r Architekten 9 Grundriss Obergeschoss Henri-Dunant-Schule, Zeichnung: a+r Architekten 10 Schnitt 1-1 Henri-Dunant-Schule, Zeichnung: a+r Architekten 11 Schnitt 2 Henri-Dunant-Schule, Zeichnung: a+r Architekten 12 Schnitt 3-3 Henri-Dunant-Schule, Zeichnung: a+r Architekten Über a+r Architekten a+r Architekten stehen für eine solide, umweltverträgliche und zukunftsorientierte Architektur mit einer überzeugenden Expertise im Bereich des nachhaltigen Bauens – auch im Bestand. Das 1985 von Prof. Gerd Ackermann und Prof. Hellmut Raff gegründete Büro mit Standorten in Stuttgart und Tübingen zählt rund 100 Mitarbeiter und steht heute unter der Leitung von Oliver Braun, Florian Gruner, Alexander Lange und Walter Fritz. Vorwiegend bauen a+r Architekten für öffentliche Auftraggeber, Industrie und Gewerbe, für kommunale Wohnbauunternehmen sowie für soziale Einrichtungen. Das Büro konzentriert sich auf eine angemessene, ökologische, funktionale und daraus resultierend innovative Bauweise und wurde dafür mit renommierten Preisen ausgezeichnet: in jüngster Zeit mit „Beispielhaftes Bauen 2021, Platz 4 „Architektur“ und Platz 8 „Stadtplanung“ beim Competitionline 10 Jahres Ranking 2021/2022 sowie mit dem Dezeen Award 2021 „longlisted in the cultural building category“. www.aplusr.de